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MS-Forum Dr. Weihe

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Frage der Woche - Archiv


Gibt es einen Zusammenhang zwischen MS und Psyche?

Meine MS ist zum ersten Mal nach einem Verkehrsunfall, bei dem ich meinen Mann und meine jüngste Tochter verloren habe, ausgebrochen. In allen Büchern über MS steht, dass es nie bewiesen worden sei, dass psychische Belastungen etwas mit der MS zu tun hätten. Für meinen Fall bin ich mir ganz sicher, dass es so ist. Gibt es wissenschaftliche Studien, die sich mit der Auslösung der MS durch seelische Erschütterungen befassen?

Die gibt es, aber sie kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Das hat zunächst einmal etwas damit zu tun, dass die MS eine sehr individuelle Krankheit ist, und es zum Wesen des Individuellen gehört, dass es sich einer statistischen Erfassung entzieht. Es ist schwer vorherzusagen, wie ein Mensch auf Stress am Arbeitsplatz, Schikanen durch einen unangenehmen Vorgesetzten, Krankheit und Tod in der Familie oder einen Ehekonflikt reagiert. Das heißt, der objektive Schweregrad einer Belastung steht oft in keinem Verhältnis dazu, wie diese subjektiv wahrgenommen wird.

Es stellt sich die Frage: Ist es überhaupt sinnvoll, von einem "objektiven" Grad einer Belastung zu sprechen? Sogar der Tod eines Elternteils wird ganz unterschiedlich erlebt, abhängig davon, ob er plötzlich und unerwartet oder nach langem Leiden auftritt. Nicht zu vernachlässigen ist der Einfluss der religiösen Einstellung, die vielen Menschen Trost bietet.

Eine zweite notorische Schwierigkeit bei MS-Studien ergibt sich daraus, dass Schübe und Entzündungsherde im Gehirn nicht gleichgesetzt werden können. Erst in den letzten Jahren wurde deutlich, dass nur etwa jeder 10. frische Herd zu wahrnehmbaren Symptomen im Sinne eines Schubes führt. Grob vereinfacht heißt das: Wenn 10 MS-Kranke einer schweren seelischen oder körperlichen Belastung ausgesetzt sind, wird nur einer davon mit klinisch nachweisbaren Symptomen reagieren, was statistisch sicher nicht überzeugend ist. Daraus folgt: Auch wenn ein Zusammenhang zwischen MS und Belastungen existieren sollte, würde er statistisch nicht nachweisbar sein, wenn man nur das Auftreten von Neuerkrankungen bzw. Schüben untersucht, wie das in den bisher vorliegenden Studien ausnahmslos der Fall ist.

Dass es sich hierbei keineswegs um eine theoretische Erwägung handelt, zeigt die Arbeit von D. C. Mohr, die 2000 in Neurology erschien (DC Mohr e.a. Psychological stress and the subsequent appearance of new brain MRI lesons in MS. Neurology 2000; 55: 55-61):

36 Patienten mit einer schubförmigen MS wurden einmal pro Monat über 28 bis zu 100 Wochen untersucht. Zu den Untersuchungen gehörte ein Kernspintomogramm mit Gadolinium und psychologische Tests und Fragebögen mit dem Schwerpunkt auf negativen Ereignissen in der Familie und im Beruf. Das Ergebnis war überraschend: Die Wahrscheinlichkeit, dass 4 bis 8 Wochen nach einer seelisch belastenden Situation frische Herde auftraten, war hochsignifikant erhöht, während die klinisch nachweisbare Schubrate scheinbar keinen Zusammenhang mit den seelischen Belastungen zeigte.

Damit ist einerseits der Einfluss von negativen Lebensereignissen auf die Krankheitsaktivität bewiesen und andererseits erklärt, warum dieser in den vorangegangenen Studien nicht nachweisbar war. Nicht klar ist, warum die Zeitspanne zwischen der seelischen Belastung und den frischen Herden mehrere Wochen beträgt.

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